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'Enterprise' - die Vergewaltigung von 'Star Trek'

Von Shen Li

Vor mehr als einem Jahr war eine neue "Star Trek"-Serie im US-Fernsehen gestartet und machte sich zum Ziel, "Star Trek" zu revolutionieren und die Franchise endlich aus seiner angeblichen Krise herauszuführen. Die Zwischenbilanz nach einem Jahr: katastrophal. Erfahren Sie, warum 'Enterprise' nicht nur ein quotentechnischer, sondern auch ein inhaltlicher Reinfall für 'Star Trek' ist.

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Wie immer spiegelt jede Kolumne die Meinung des jeweiligen Redakteurs wieder und ist nicht repräsentativ für die Website.

Kolumne

Vor mehr als einem Jahr war eine neue "Star Trek"-Serie im US-Fernsehen gestartet und machte sich zum Ziel, "Star Trek" zu revolutionieren und die Franchise endlich aus seiner angeblichen Krise herauszuführen. Die Zwischenbilanz nach einem Jahr: katastrophal. Nicht nur hat es "Enterprise" geschafft, das Niveau von "Star Trek" erheblich zu senken, auch blamiert die Serie die einst äußerst angesehene Franchise mit erbärmlichen Einschaltquoten, welche auch in der zweiten Staffel weiter fallen und nicht nur den Keller erreicht haben, sondern bald auch schon das Grundwasser.

Dabei sah alles so vielversprechend aus. Das gesamte Konzept und die neuartige Produktion verspachen Scifi-Genuss der Extra-Klasse und endlich ein "Star Trek"-Ableger, der das Ansehen und vor allem die Quoten von "Das nächste Jahrhundert" wieder erreichen würde.

Doch bereits der Pilotfilm "Aufbruch ins Unbekannte" enttäuschte auf hohem Niveau. Auf der einen Seite war da die extrem hohe Produktionsqualität, auf der anderen aber die miserable Story. Schon im Pilotfilm erkannte man den mangelnden Anspruch und die Verwandlung von "Star Trek" in einen nichtssagenden Action/Sex-Quark, den man so nicht erwartet hätte. "Aufbruch ins Unbekannte" war dünn. Außer einer Klingonenverfolgung war nichts drin. Sicherlich deutete sich das Potenzial der Serie zwar an, schließlich ist der Weltraum hier etwas neuartiges und das Pionierhafte wurde ganz gut umgesetzt, weshalb man auf bessere Folgen hoffte, die aber irgendwie auf sich warten ließen.

Die Episoden von "Enterprise" sind so dünn und so nichtssagend, dass man sich fragt, was alles passiert wäre, wäre "Raumschiff Voyager" mit solch einer Episode dahergekommen. Man fragt sich, was bei "Enterprise" denn so toll ist, warum die Fans die Serie über alle Grenzen loben, obwohl sie im Kern, sprich die Erzählweise, doch (wenn auch beschnittene) "Raumschiff Voyager" ist. Nach langem Suchen ist schließlich der Übeltäter gefunden: Captain Jonathan Archer.

"Star Trek" war bis "Raumschiff Voyager" stets eine Männerdomäne gewesen. Viele Fans verehren Kirk und erkennen in ihm ein großes Vorbild. Mit Picard konnten sich diese Fans gerade noch so anfreunden - doch plötzlich eine Frau als Captain einer "Star Trek"-Serie? Nein, das geht wohl zu weit und so entwickelte sich eine ganze Bande sogenannter "Voyager-Basher", die sich zum Ziel gemacht hat, die Serie in den Tod zu kritisieren, was ihnen Gott sei Dank nicht gelungen ist. Dass die Serie dennoch eine feste Fanbasis hat, die sich nicht auf das Niveau der "Voyager-Basher" hinabbewegt und daher eher zurückgezogen die Serie in aller Ruhe genießt, zeigt sich nicht zuletzt daran, mit welch einem Enthusiasmus die Fans mit Projekten wie "Virtuelle 8. Staffel" die Serie fortsetzen, wie "Raumschiff Voyager" ähnlich wie "Das nächste Jahrhundert" auch mit der x-ten Wiederholung solide Quoten einfahren kann und - um ein wenig Selbstlob zu betreiben - es zeigt sich am Erfolg dieser Website, die ja eine "Voyager"-Seite ist.

Sicher ist "Raumschiff Voyager" nicht über alle Zweifel erhaben, doch die Serie ist nicht nur eine der originellsten und besten Sciencefiction-Serien der letzten Jahre (man denke gerne zurück an Episoden wie "Herkunft aus der Ferne", "Chaoticas Braut", "Kontrapunkt", "Dreißig Tage", "Temporale Paradoxie", "Equinox", "Die Muse", "Kritische Versorgung"...), auch kann sie mit durch und durch sympathischen Charakteren aufwarten und kann mit Kultcharakteren wie Seven oder dem Doktor glänzen. Doch wie sieht es bei "Enterprise" aus? Die einzige Episode, die wirklich ausnahmsweise einmal "Star Trek"-Niveau besitzt, ist "Lieber Doktor" - der Rest ist Müll. Dabei ist vieles von "Enterprise" direkt "Raumschiff Voyager" entnommen. Nicht nur die Erzählweise, sondern ganze Episoden-Konzepte wie das von "Terra Nova" (von "Friendship One") - Captain Janeway lässt grüßen. Wer also sagt, die Stories von "Enterprise" seien besser als die der "Voyager", obwohl die meisten "Enterprise"-Stories wie bereits erwähnt reduzierte "Voyager"-Stories sind, der kann "Raumschiff Voyager" gar nicht kennen.

Selbst ein Blinder würde den Unterschied zwischen einer "Enterprise"-Episode wie "Im Schatten von P'Jem" und einer schlechten "Raumschiff Voyager"-Episode wie "Nemesis" erkennen. Letztere ist dennoch um einiges komplexer aufgebaut und verfügt sogar über ein überraschendes Ende. Wie kann man "Enterprise" mehr als "Raumschiff Voyager" loben, wenn eine durchschnittliche "Enterprise"-Folge deutlich anspruchsloser, gradliniger und voraussehbarer ist als eine schlechte Episode von "Raumschiff Voyager"? Die bisherigen meisten "Enterprise"-Episoden - vor allem die mit Captain Archer - handeln von irgendwelchen Geiselnahmen - sehr interessant. Nun könnte man entgegnen, "Raumschiff Voyager" kam mit "Weltraumphänomen der Woche" an. Doch ein Weltraumphänomen der Woche ist um einiges abwechslungsreicher, unvoraussehbarer und nicht zuletzt mehr Sciencefiction als eine immer nach demselben Schema gestrickte Geiselnahme von Captain Archer.

Wer diesen schwächsten aller "Star Trek"-Captains - von Scott Bakula mit einem übertriebenen und gekünstelten Temparament auch noch in den Ruin gespielt - verehrt, muss schon sexuelle Beweggründe haben - entweder als Frau es nötig zu haben oder als Mann schwul zu sein - wobei letzteres natürlich keine Schande ist. Aber dann hat man einfach nicht begriffen, worum es in "Star Trek" geht: um Weitsichtigkeit und Toleranz. Strahlt das Captain Archer aus? Nein! Ein ganz klares Nein.

"Enterprise" gibt endgültig die Bestätigung, dass viele "Star Trek"-Fans Chauvinisten sind oder dass die Franchise Frauen/Männer als Zuschauer hat, die es wirklich nötig haben, Captain Archer, "Trip" oder T'Pol bei der Dekontaminierung zuzuschauen. Wie kann man einen menschlichen Idioten wie Archer, der sehr amerikanisch und militärisch herüberkommt, sprich die fremden Werte ignoriert, über Captain Janeway stellen, die sicherlich fragwürdige Entscheidungen getroffen hat, aber bestimmt keine davon, die andere Kulturen völlig ignoriert oder die in ihrer Person so ignorant und grob ohne einen Zug von Weisheit daherkommt wie Archer.

Nun könnte man entgegnen, "Enterprise" arbeite ja auf die uns bekannten "Star Trek"-Ideale hin - eine beliebte Ausrede, aber man sollte bedenken, dass man, um auf das jetzige "Star Trek" hinzuarbeiten, nicht auf komplexe und provokante Stories verzichten muss, dass man, wenn man pubertären Gesprächen - wie sie "Trip" oder Malcolm führen - nicht abgeneigt ist, diese auch in der Hinarbeitung nicht gänzlich ablegt und dass man auf gar keinen Fall solch einen Patriotismus und Militarimus braucht - was sagt das über die Welt im 22. Jahrhundert aus und wie kann man das jemals entschärfen, ohne das Serienkonzept völlig umzukrempeln? Nun könnte man wieder entgegnen, dass das eben der Realismus in "Enterprise" ist - mehr gegenwartsbezogen. Doch wenn ich "Star Trek" sehe, erwarte ich weisere Menschen, ich erwarte Menschen, die toleranter und weitsichtiger sind - denn Durchschnitts-Realos habe ich in anderen Serien genug. Und überhaupt - was hat dieser Realismus für einen Vorteil? Senkt das nicht vielmehr das Niveau der Serie und macht "Star Trek" zu etwas Durchschnittlichem?

Nun sagen viele, "Enterprise" versuche lediglich neue Elemente ins "Star Trek"-Universum zu bringen und dieses zu revolutionieren, wie es ursprünglich auch von den Autoren beabsichtigt war. Doch muss man, um frischen Wind in eine Sache zu bringen, gleich alles ablehnen, was diese auszeichnet? Nehmen wir "Baywatch" als Beispiel. Nun könnte ein Produzent kommen und sagen, wir wollen frischen Wind ins "Baywatch"-Universum bringen, indem alle nun völlig bekleidet über den Strand laufen und diplomatisch werden. Doch bringt dies wirklich frischen Wind? Bedeutet dies nicht viel mehr den Tod? Die Zuschauer sehen "Star Trek", weil sie sich an einer sehr realistischen und optimistischen Zukunftsvision erfreuen wollen, sie schauen sich "Star Trek" an, um auf einem hohen Niveau durch provokante Geschichten unterhalten zu werden. Die Zuschauer verbinden "Star Trek" mit einer besonderen Sache, die zum Nachdenken anregt - doch nun kommen die Produzenten daher und nehmen den Zuschauern genau dies weg, indem sie "Star Trek" in seinem Anspruch reduzieren, nur um mit der Aussage glänzen zu können, sie hätten etwas neues ins "Star Trek"-Universum gebracht - absurd.

Man bringt frischen Wind in eine Sache, indem man nicht alles ablehnt, was diese kennzeichnet, sondern indem man versucht, positive Elemente fortzuentwickeln und diese aus einer ggf. anderen Perspektive darzustellen. Doch wo bei "Enterprise" ist diese Perspektive? Dekontaminierung? Sex? Action? Nein, das kann es wirklich nicht sein. Was für "Enterprise" neu ist, ist im restlichen TV längst alter Hut und stellt nicht nur eine Ablehnung, sondern viel mehr eine Vergewaltigung aller Werte von "Star Trek" dar, indem all die positiven Merkmale nicht weggelassen, sondern ins Gegenteil konvertiert und damit ins Lächerliche gezogen werden (Anti-Amerikanismus in Pro-Amerikanismus, provokanter Inhalt in nichtssagende Action, Subtilitäten ins Offensichtliche...). Wo ist der frische Wind, wenn man das Niveau senkt? Wo ist der frische Wind, wenn man pubertäre "Erotik" in die Serie schmuggelt und wo ist der frische Wind, wenn des Öfteren auf die Story verzichtet wird, nur um ein bisschen mehr Action zeigen zu können? Nein, das verstehe ich wahrlich nicht unter frischen Wind in eine Sache bringen, sondern eher unter Reduzierung des betreffenden Gegenstandes. Nein, wo oder was ist der frische Wind, wenn dieser nicht wirklich die alte verbrauchte Luft erneuert? Denn die Luft kann nur erneuert werden, wenn bestimmte Elemente der verbrauchten Luft durch neue ersetzt werden - doch was, wenn verbrauchte Elemente durch verbrauchte ersetzt werden? Gar nichts. Die Luft bleibt verbraucht.

"Raumschiff Voyager" hatte frischen Wind ins "Star Trek"-Universum gebracht. Sie optimierte bestimmte Elemente wie die Erzählweise von "Das nächste Jahrhundert", indem die Episoden temporeicher wurden. Action wurde zwar hier mehr, doch versteckte sie sich stets sachte hinter der Story. Die Serie machte enorm große Fortschritte, was Atmosphäre einer Episode betrifft und versuchte, für jede Episode eine eigenständige Atmosphäre zu kreieren, die die Episode auszeichnet und die dafür sorgt, dass jede Episode ein Kunststück für sich allein ist - "Raumschiff Voyager" ist ein Meisterwerk unter den Einzelepisoden-Serien.

Die Serie entwickelte das Sciencefiction-Element aus "Das nächste Jahrhundert" weiter - sei es Schwarz-Weiß-Hommagen an die Sciencefiction-TV-Welt der 30er Jahre, Unterwasserwelten, Absturz auf einem Eisplaneten oder Raumrennen - das verstehe ich unter frischen Wind in eine Sache bringen, indem etwas altes weiter und mutiger fortentwickelt wird. "Star Trek" wurde durch "Raumschiff Voyager" vielfältiger und abwechslungsreicher - doch wie steht es mit "Enterprise"? Derselbe Stoff, immer und immer wieder durchgearbeitet. Die ständigen Konflikte in der Besatzung - nervtönend auf Dauer. "Enterprise" zeigt genau das, was alles bei "Raumschiff Voyager" hätte falsch laufen können. Gar nicht vorzustellen, wie es genervt hätte, hätten die Marquis und die Sternenflotten-Crew nicht zueinander gefunden. Konflikte sind ja schön, aber dann bitte schön wohl dosiert und nur passend zur Story und nicht derartig übertrieben, wie sie in "Enterprise" zu finden sind. Wie sollen andauernde Konflikte gut gehen? Entweder geht irgendwann die Substanz aus oder es wird unglaubwürdig. Wie soll sich der Zuschauer wohlfühlen und wöchentlich einschalten wollen, wenn andauernd gestritten wird? "Das nächste Jahrhundert" beging diesen Fehler nur einmal: mit der Einführung von Dr. Pulaski. Doch dort erkannten die Autoren dies und ließen Beverly Crusher in der dritten Staffel wiederzurückkehren, wodurch die Harmonie in der Gruppe wiederhergestellt wurde und es ohne Frage der Serie sehr gut tat. Bei "Raumschiff Voyager" entstand Gott sei Dank erst gar kein Konflikt, wodurch von Anfang an Harmonie herrschte, die nicht nur die Charaktere umso sympathischer machte, sondern auch die Serienatmosphäre unterstütze, ist dies schließlich ein Schiff, wo alle zusammenhalten müssen, um zu überleben. Das Gruppengefühl erfasste auch den Zuschauer und so war dieser gespannt, wie es seiner "Familie" ging und was sie Woche für Woche erwartete.

Irgendein "Voyager-Basher" schien dies nicht begriffen zu haben und äußerte irgendwann einmal die Kritik, "Voyager" fehle es an Konflikt. Und da viele "Star Trek"-Fans sowieso Mitläufer sind, sind sie fortan nun auch dieser Meinung - ohne darüber nachgedacht zu haben (warum auch - in irgendwelchen Foren stehen doch soviele Text-Passagen, die man für sich kopieren und zu seiner eigenen Meinung machen kann). Und überhaupt? Was meint er mit Konflikten? Meint er Konflikte untereinander oder Charakterdrama? Vom letzteren hat "Voyager" nun reichlich genug. Janeway, B'Elanna, Seven und natürlich der Doktor sind alle tragische Figuren, deren Innenleben alles andere als ausgeglichen ist und dieses daher Stoff für viele großartige Charakter-Episoden bot. Der Vorwurf, die Charaktere von "Raumschiff Voyager" wären eindimensional, ist ebenfalls eine Behauptung, die von einem "Voyager-Basher" zu Unrecht aufgestellt wurde und von vielen munter nachgeplappert wurde. Denn wären die Charaktere der "Voyager"-Crew wirklich eindimensional, wären Episoden wie "Der Zeitzeuge", "Die Arbeiterschaft" oder "Renaissancemensch" gar nicht möglich, handelt es sich hierbei doch um Episoden, in denen die Charaktere aus einer anderen Perspektive dargestellt werden. Wären die Charaktere eindimensional, wären all diese Episoden missraten - da sie ja eben mehrdimensionale Charaktere voraussetzen -, doch ganz im Gegenteil, sie sind alle Serienhighlights!

Doch bei "Enterprise" sehe ich nur Charaktere, die nicht gerade mit Intelligenz bestückt sind. Alberne Gelabere über irgendwelche Frauen, darüber, ob Amerika besser sei als Großbritannien oder sonstiges - hier sind die Charaktere wirklich flach. Episoden wie "Der Zeitzeuge" würden bei "Enterprise" jämmerlich scheitern. "Enterprise" ist zu allem Übel auch noch - wie bereits erwähnt - eine sehr amerikanische und patriotische Serie - dementsprechend auch eine sehr militärische Serie - man denke nur an den "Waffenoffizier" Malcolm Reed. Wer diese Elemente bei "Enterprise" mag, der bekommt entweder schon beim Abschuss eines Torpedos oder beim bloßen Anblick von Archer/T'Pol/"Trip" oder bei beiden Dingen einen Orgasmus.

Durch "Enterprise" ist "Star Trek" nichts besonderes mehr. Denn alles, was "Enterprise" hat, ist schon einmal dagewesen. Schlimmer aber ist, dass "Enterprise" den Namen "Star Trek" in den Dreck zieht und "Star Trek" nicht mehr für niveauvolles Fernsehen, sondern für alberne patriotische Kinderreien und Amerika-Zugeständnisse unter Scifi-Gewand versteckt steht - das alles auch noch mit einer Prise pubertärem Käse gewürzt - Produzent Brannon Braga, der mit Seven-Of-Nine-Schauspielerin Jeri Ryan liiert ist, scheint nur noch an diese zu denken und seine Triebe auf die Serie übertragen zu wollen. Ob die Produzenten erkannt haben, dass "Enterprise" den Ruf von "Star Trek" ruiniert und deshalb aus Respekt vor Gene Roddenberry "Star Trek" im Titel von "Enterprise" weggelassen haben? Wir wissen es nicht - aber das ist das einzige, was Rick Berman und Brannon Braga richtig gemacht haben.

Und seien wir ehrlich: "Enterprise" kommt doch deswegen nicht nach Deutschland, weil nicht irgendwelche Verhandlungs-Schwierigkeiten da sind, sondern weil die Serie einfach nicht dem deutschen Fernsehformat entspricht, zu amerikanisch und anspruchslos ist und hier nicht denselben Erfolg einbringen könnte wie die anderen "Star Trek"-Serien. Und eine amerikanische und militärische Serie zu einer anti-amerikanischen Zeit - das Risiko geht kein Sender ein. Ich würde jede "Enterprise"-Episode gegen ein weiteres Abenteuer von Captain Janeway plus Crew - egal wie schlecht dieses auch sein mag - sofort und ohne zu zögern eintauschen.

Es fragt sich, wielange "Enterprise" mit diesem Minimum an Inhalt in einer Episode noch laufen wird. Die Einschaltquoten sinken immer weiter und unter den gegebenen und erwähnten Umständen und um weitere Schande für die "Star Trek"-Franchise zu verhindern, wäre es wirklich das Beste, wenn die Serie sobald wie möglich eingestellt wird. "Enterprise" ist ein fehlgeschlagenes Experiment - eine Serie, die zu Beginn noch laut wiehernd auftrat, dann eher schwindsüchtig herumtaumelte und jetzt tödlich verletzt am Boden röchelt.

Letzten Endes scheitert die "Star Trek"-Franchise nicht nur an "Enterprise", sondern vor allem an den Fans. Man könnte einen Vergleich mit der Weimarer Republik ziehen. Damals war die Demokratie für die Menschen etwas neues. Die Menschen waren nicht bereit dafür und so entschieden diese sich in der Not und im Schatten der Weltwirtschaftskrise wieder für eine Regierungsform, in der nur ein Mann das Sagen hat. Leider Gottes wählten sie Hitler, der den Zweiten Weltkrieg initiierte und alle in den Ruin trieb. "Raumschiff Voyager" mit ihrem weiblichen Captain ist der Zeit ebenfalls voraus und obwohl mit einer hervorragenden Erzählform und originellen Stories konnten die Fans ihre Konservativität nicht überwinden - wo in der Weimarer Republik restauratives Denken herrschte und Kaiser-treue Bürger den alten Zustand wieder herbeisehnten, sehnen sich in der "Star Trek"-Franchise die bornierten Kirk-Verehrer die gute alte Zeit herbei, wo ein Mann die Kontrolle über ein Schiff hat und ignorieren alle guten und innovativen Elemente von "Raumschiff Voyager" - genau wie die damaligen Menschen die positiven Merkmale der Demokratie ignorierten. Das Ergebnis ist in beiden Fällen dasselbe: der Untergang, herbeigeführt vom Volk. Wo die Hitler-Diktatur nicht nur die Demokratie aber auch das ganze Volk zerstörte, erkennen die Fans immer mehr Mängel an "Enterprise" und sehnen sich nach der guten alten "Star Trek"-Zeit zurück - doch genau wie bei der Weimarer Republik ist es auch hier zu spät. Das Volk hat sich selbst verraten und in den Ruin gestürzt. Wie die Weimarer Repubrik an ihrem Volk scheiterte, scheitert "Star Trek" letzten Endes auch an ihren nicht immer weitsichtigen Fans.

Es ist wirklich nicht mein Ziel, diese junge "Star Trek"-Serie schon nach ihrer ersten Staffel zu zerreißen. Aber wenn bereits nach dieser ersten Staffel das mögliche Potenzial nicht nur durch inhaltliche, aber umso mehr durch ideologische Mängel kaputt geschlagen wird, sehe ich keinen anderen Ausweg. Und bleiben wir ehrlich: Erst durch "Enterprise" gibt es diese "Star Trek"-Krise. Eine Serie, die diese angebliche Krise beenden wollte, schafft letzten Endes sie herbei - eine für Amerika gemachte Serie, die inhaltlich an ihrem Amerikanismus und finanziell an ihrem Nihilismus scheitert.

Von "Enterprise" vergewaltigt, blutet "Star Trek" aus allen Öffnungen und schmerzt so sehr, dass die Franchise nicht mehr mit eigenen Kräften aufzustehen vermag. Was "Star Trek" jetzt braucht, ist eine ambulante Behandlung an der intimsten Stelle. All das, was "Star Trek" auszeichnet - ihre gesamte Ehre, Würde und Werte - wurde von "Enterprise" verraten. Gene Roddenberry würde sich nicht nur doppelt und dreifach im Grabe umdrehen, nein, er würde auferstehen, zu Rick Berman und Brannon Braga rennen und den beiden eine ordentliche Tracht Prügel verpassen.

Artikel geschrieben von Shen Li (sl); aktualisiert am 11.12.2004