Nachdem die Sciencefiction im Jahr 2000 eher stagniert ist, konnten wir in 2001 einen kleinen Aufschwung verzeichnen. Hier eine Bestandsaufnahme, die vor allem im Vergleich zum letztjährigen Artikel interessant sein dürfte...


Überraschung: Auch die Deutschen mögen Sciencefiction

Das konnten weder Rudi Carrell noch Linda DeMol besser: Sciencefiction in der deutschen Primetime hat durchaus Chancen auf gute Quoten! Beschwerten wir uns im letzten Jahr noch über den Fehlgriff, den Sat.1 mit seinem "Farscape"-Sendeplatz freitags um 20:15 gemacht hatte, so sah es dieses Jahr recht versöhnlich aus. Denn während "Farscape" endlich seinen verdienten Platz am Sonntag-Nachmittag bekam und dort dank akzeptabler Quoten endlich in der zweiten Staffel läuft, konnte "Voyager" den Freitag-Abend auf lange Sicht verteidigen. Solide Quoten sorgten jedenfalls dafür, dass wir Deutschen endlich die sechste und sogar die siebente Staffel der vierten "Trek"-Serie zu sehen bekamen - nach einer kurzen Pause sogar das Serienfinale und nach einigen Wiederholungen vielleicht sogar "Enterprise"!

Doch während wir zur "schlechthin" Überraschung noch früh genug kommen, konnte sich auch RTL 2 über etwas freuen: Im Doppelpack mit dem Dauerbrenner "Stargate" erlangte auch "Gene Roddenberry's Andromeda" Topquoten, von denen Kollege Vox bei "Mission Erde" nur träumen konnte. Anders als damals mit "LEXX" (von der wir hierzulande wohl nie neue Folgen sehen werden), bekam RTL2 somit einen soliden Mittwoch-Abend hin, der von neuen "Nikita"-Folgen erfolgreich abgerundet wurde.

Überraschung: Der Name zählt doch nicht

Im letzten Jahr hatten wir noch gemosert, wie Majel Roddenberry den Nachlass und vor allem den Namen ihres Mannes ausschlachtete und wir hatten festgestellt, dass es eben dieser Name war, der die Zuschauer an den Schirm lockte. Jein, können wir nun sagen.

Dem Roddenberry-Sorgenkind "Earth: The Final Conflict" (oder bei uns: "Mission Erde") geht es trotz des Namens jedenfalls nicht sonderlich gut - der Abwärtstrend, der bereits von Beginn der zweiten Staffel beobachtet werden konnte, führt die Serie mittlerweile in die dunkelsten Bergwerksstollen des amerikanischen TV-Marktes.

Manche sagen, dass der Abstieg mit dem Wechsel des Hauptdarstellers in Staffel 2 begann, andere wiederum nehmen die dritte Staffel als Wendepunkt, in der das gesamte Autorenteam gefeuert wurde, zahlreiche Stories ignoriert wurden und die Serie insgesamt eine neue Richtung bekam. In Staffel 4 aber schließlich sahen wir Deutschen, wie schlimm es geworden ist: Einzelepisoden ohne Zusammenhalt und ohne Logik, ständig neue, nicht weiter aufgelöste Verschwörungen und ausscheidende Darsteller sowie eine schwindende Produktionsqualität zehrten an der Serie. Das Schlimmste schien aber zu sein, dass offensichtlich nicht einmal die Produzenten nach all den Autorenwechseln noch wussten, was denn nun der proklamierte "Final Conflict" war bzw. wie die Geschichte um die Taelons enden sollte.

Genau dies bestätigte sich nun in Staffel 5: Abgesehen davon, dass fast die gesamten Hauptdarsteller wechselten, ging die Handlung in eine neue, wirre Richtung, die sich so gar nicht in das Gesamtbild einfügen will. Ob sich das noch ändert? Nun, am Ende von Staffel 5 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Schluss, da sowohl die Quoten schlecht sind als auch die Produzenten keine Lust mehr haben. Hoffen wir, dass die Autoren die verbliebene Zeit nutzen ...

Ach ja: Der Sci-Fi Channel kaufte für viel Geld die Wiederholungsrechte der ansonsten in der Syndication laufenden Serie, musste die Ausstrahlung aber bereits in der ersten Staffel wieder abbrechen, da die Quoten deutlich unter den erwarteten Werten lagen.

Ganz anders dagegen "Andromeda": Was wir vor einem Jahr noch als Einstiegserfolg aufgrund des Roddenberry-Namens ansahen, war so real wie Kevin Sorbos (Captain Hunt) Ego: "Andromeda" ist ein konstanter Quotenhit, der den US-Syndication-Markt mit Leichtigkeit anführt und sich daher für alle Beteiligten als voller Erfolg herausgestellt hat. "Tribune", die beide Roddenberry-Serien produziert, bewilligt nun bereits vorab eine dritte und vierte Staffel, was das besondere Vertrauen in diese Serie zeigt. Und ja, die Serie ist gut. Auch wenn viele Episoden der ersten Staffel noch nicht überzeugen können, so wird die Serie konstant besser und sowohl die sympathischen Charaktere, die spannende Rahmenhandlung als auch die Roddenberryischen Ideale machen "Andromeda" zu etwas ganz besonderem.

Ironie ist es daher schon fast, dass ausgerechnet der Kopf hinter der Serie, der ehemalige "Deep Space Nine"-Schreiber Robert Hewitt Wolfe von "Tribune" und Sorbo gefeuert wurde. Grund: Wolfe wollte nicht nur eine komplexe Hintergrundgeschichte, während "Tribune" und Sorbo actionreiche Einzelepisoden wollten, sondern er forderte auch mehr Geld für bessere Effekte und Sets, was "Tribune" natürlich gehörig gegen den Strich ging. Mit seinem Weggang also bleibt "Andromeda" leider auf dem technischen Niveau (die Serie könnte um einiges hübscher sein!) und die Geschichten werden eher Stand-Alone sein. Zudem denken nach Wolfes Entlassung viele Autoren über ein Verlassen der Serie nach - zeichnet sich hier also etwa dieselbe Entwicklung wie bei "Mission Erde" ab? Hoffen wir es nicht.

Ganz nebenbei hat übrigens auch Majel Roddenberry ihre Produzenten-Posten beider Serien aufgegeben und damit zum einen nicht nur bestätigt, dass das, was "Tribune" macht, nur noch wenig mit dem Nachlass ihres Mannes zu tun hat, sondern zweitens gibt die Witwe des "Trek"-Schöpfers auch offen zu, dass sie ihre Posten quasi nur als Alibi hat und nicht wirklich die Serien selbst beeinflusst.

Überraschung: "Enterprise" stellt alle Kritiker zufrieden!

Viele werden jetzt sagen, dass dies nicht wirklich etwas besonderes ist und vor allem verdammt nötig war (wobei sie bei letzterem auch recht hätten), doch was Rick Berman und Brannon Braga gelungen ist, grenzt schon fast an ein Wunder:

Nach 35 Jahren "Star Trek", neun Kinofilmen, vier Serien und knapp 600 TV-Folgen haben die beiden eine Serie geschaffen, die im "Trek"-Franchise frisch und anders ist, neue Zuschauer gewinnt, gleichzeitig aber das Herz aller Fans einfängt. Gerade mit dem scheinbar unmöglichen Konzept einer Prequel-Serie gelang "Paramount" zugleich ein Quoten-Overkill, das Wecken der Fan-Euphorie als auch das Abstellen aller Kritiker, die in den vergangenen Jahren "Star Trek" für tot erklärt hatten. Mit einem Schlag gewann der Sender UPN gewaltig an Marktanteil und die Geldmaschine "Star Trek" kam wieder frisch in Fahrt.

Doch es gibt auch wirklich nichts zu meckern: Das Konzept von "Enterprise" ist fast schon genial einfach, die Schauspieler grandios, die Charaktere erfrischen natürlich und die Drehbücher so überdurchschnittlich wie die Effekte. Ja, selbst der Retro-Look (die wohl größte Herausforderung, wenn man die "Classic"-Serie bedenkt) und die Musik gefallen den meisten Fans, die endlich sehen können, wie ihre "Star Trek"-Welt entstanden ist, während Neulinge ohne Vorwissen eine coole Serie genießen können. Bravo!

Überraschung: "Akte X" und "Buffy" leben noch immer - andere Serien nicht

Die Mystery-Hitserie "Akte X" liegt mittlerweile wohl irgendwo zwischen einem Mythos, einem Wunder und einem Schwerkranken, der nur noch künstlich am Leben erhalten wird. Bereits in der neunten Staffel ist diese Serie. Hauptdarsteller David Duchovny ist endgültig weg und auch Gillian Anderson hat nach dieser Staffel wohl die Nase voll - kein Wunder, haben doch neue Charaktere das Ruder übernommen, um alten und neuen Aliens und Geistern nachzujagen. Ob es eine zehnte Staffel geben wird? Sicher, denn vor allem, nachdem die "Lone Gunmen" bereits nach 13 Folgen eingestellt wurden, hat Fox nicht wirklich einen Nachfolger für die "X-Akten". Es geht also noch lange weiter - ohne Duchovny, ohne Anderson, die längst nicht mehr gebraucht werden für gute Episoden. Im Kino dagegen wird man sie aufgrund der Namen aber schon noch einmal zusammen sehen ...

Eine Serie, die ebenfalls am Tropf hängt, ist "Roswell" von "Das nächste Jahrhundert"-Schauspieler Jonathan Frakes und "Deep Space Nine"-Autor Ronald D. Moore. Nachdem "Warner" die Serie bekanntlich bereits nach zwei Staffeln eingestellt hatte, hat UPN auf Fan-Drängen hin der Serie eine Chance gegeben und bündelte die Serie mit ihrem neuen Juwel "Buffy". Doch während erstere Serie konstant ihre Quoten hielt, war "Roswell" für UPN ein Flop. Nach der dritten Staffel ist trotz "Enterprise"-Crossover dann wohl Schluss, so wie im letzten Jahr mit "Seven Days".

Anders dagegen "Buffy" (6. Staffel) und "Angel" (4. Staffel), die mittlerweile auf zwei unterschiedlichen Sendern Vampire jagen, aber dennoch mit der alten Schärfe ihre Quoten bekommen. Erinnern wir uns: "Warner" war nicht bereit, das Budget von Buffy aufzustocken, als der Vertrag auslief und UPN sicherte sich kurzerhand die Serie. Bei Angel könnte es bald ähnlich sein: Auch wenn der smarte Ex-Vampi noch bei "Warner" kämpft, so wirft UPN spätestens nach dem "Roswell"-Flop ein Auge auf diese Serie. Und währenddessen kreiert "Buffy"-Schöpfer Joss Whedon im Erfolgshoch weiter neue Serien: Ein Ableger für das englische Fernsehen mit dem Giles-Charakter und eine Zeichentrickserie sind in Arbeit.

Überraschung: Sci-Fi Chanel wächst und wächst

Wer sich Jahr für Jahr immer noch prächtig entwickelt, ist der amerikanische Sci-Fi Channel. Spätestens seitdem der SF-Außenseiter "Farscape" in den USA zum Quotenhit wurde, ist der Sender auf ständigem Wachstumskurs. Einerseits werden alte Serien eingekauft zur Wiederholung, andererseits werden Serien fortgeführt, die woanders eingestellt wurden und nicht zuletzt beweist der kleine Sender auch ein gutes Händchen für neue Formate.

"Farscape" ist da vor allem zu nennen, denn nachdem kein US-Sender der australischen Produktion eine Chance geben wollte, sind die Abenteuer um John Chrichton quasi das Senderaushängeschild. Zur Zeit befindet sich die Serie am Ende der dritten Staffel und der Sci-Fi Channel hat schon jetzt Staffel 4 und 5 geordert. "Farscape" bleibt dabei sowohl von den Quoten als auch von der Qualität her ein konstanter Hit, auch wenn die ungewöhnlichen Stories und Charaktere sicher nicht jeden ansprechen. Doch durch eine intensive Hintergrundgeschichte mit unerwarteten Wendungen, lebendigen Charakteren und nicht zuletzt vielen gewagten, gewitzten Einfällen ist "Farscape" definitiv ein Highlight der Sciencefiction, das es so hoffentlich noch lange geben wird.

Ein weiteres Großprojekt, an das sich der Sci-Fi Channel herantraute, war die Neuverfilmung von Frank Herberts Roman "Dune". Im Gegensatz zum Kinofilm der 80er Jahre wurde aber dieses Mal ein Dreiteiler realisiert, der sich eng an der Buchvorlage hielt und bereits dafür einen Spezialpreis verdiente. Und obwohl die Effekte (vor allem die im Studio gedrehten Wüstenszenen) sehr billig wirkten, wussten auch die Zuschauer die ausgiebigen politischen Verwicklungen und Charakterentwicklungen zu schätzen, denn "Dune" konnte in den USA Traumquoten erzielen und motivierte den Sci-Fi Channel nicht nur für eine Fortsetzung (basierend auf "Children of Dune" und "Dune Messiah"), sondern auch weitere Mini-Serien.

Auch wenn die hauseigene Serie "The Invisible Man" eingestellt wurde, so machte sich der Sci-Fi Channel vor allem durch die Rettung von "LEXX" einen Namen. Nachdem man die zweite Staffel lange nach der Produktion auf gut Glück gekauft hatte, waren die Quoten so gut, dass man ein drittes Jahr mitfinanzierte (und dadurch erst ermöglichte). Staffel 3 (die aber nur 13 Episoden hatte) lief im Jahr 2000 recht zufriedenstellend, aber auch nicht phänomenal und dennoch hatte der US-Sender ein Herz für die vielen Fans, die fleißig Briefe schrieben, und finanzierte eine vierte Staffel - volle Staffel, selbst nach dem Ausstieg der deutschen Partner (die wohl wenig Sinn sahen, eine Serie zu finanzieren, die im eigenen Land massiv gefloppt war). Auch wenn es so aussieht, als wäre die vierte Staffel das Ende der Serie, so bekam "LEXX" dadurch wenigstens einen passenden Abschluss, denn die Ankunft von Stan, Zev und Kai auf der Erde sorgt nicht nur für viele skurrile Geschichten, sondern auch für ein interessantes Ende ihrer Reise. Schade jedenfalls, dass wir in Deutschland wohl kaum dieses Juwel zu sehen bekommen werden ...

Zwei weitere Serien, die der Sci-Fi Channel übrigens von ihrer Absetzung rettete, sind "Outer Limits" und "Stargate". Während erstere bereits erfolgreich auf dem SF-Sender läuft, wird "Stargate" erst im kommenden Jahr für eine sechste und siebente Staffel zurückkehren und hoffentlich weiter seine Fans begeistern - auch wenn Michael Shanks das Schauspielerteam verlassen wird.

Einen besonderen Stein im Brett hat der Sci-Fi Channel übrigens bei allen "Babylon 5"-Fans. Nicht nur, dass die Serie (samt Filmen und Ableger "Crusade") in einer überarbeiteten Widescreen-Version läuft, nein, der Sci-Fi Channel hat auch einen neuen B5-Film namens "Legend of the Rangers" in Auftrag gegeben, der nun im Januar Premiere feiert. Da der Sender viel Werbung macht und JMS nur in den höchsten Tönen spricht, stehen die Chancen gut, dass der Film erfolgreich ist und in diesem Fall hat der Sender definitiv eine komplette Serie versprochen - die Rückkehr von "Babylon 5" ist also greifbar!

Eine weitere Serie, die erst als Pilotfilm getestet wird, ist Jose Farmers "Riverworld". Der Film ist zur Zeit in Arbeit und bei Erfolg könnten weitere Episoden folgen. Ähnlich wird es wohl auch beim Remake von "Battlestar Galactica" laufen, das die Mutterfirma allerdings noch anderweitig zu verschachern sucht, damit der kleine Sender die Kosten nicht allein tragen muss und uns Fans relativ egal sein kann. Schade ist eigentlich nur, dass das Projekt zur Zeit schon wieder auf Eis liegt, da der "X-Men"-Regisseur Brian Singer ausgestiegen ist - hoffen wir, dass es dennoch irgendwann weitergeht.

Überraschung: Die deutsche SF bringt nichts zustande

Die Ironie in dieser Überschrift hat bestimmt jeder erkannt, der sich mal über die "Perry Rhodan"-Serie oder "Ice Planet" informiert hat. Erstes Projekt, der waghalsige Versuch, das SF-Roman- und Heft-Epos "Perry Rhodan" für die TV-Scheibe fit zu machen, ist immer noch nicht weitergekommen, da es sowohl an Geld als auch an einem richtigen Konzept mangelt (WAS will man uns denn eigentlich in der Serie zeigen?). Und zu guter Letzt fehlen auch noch internationale Geldgeber ...

Letzteres fehlt auch "Ice Planet", der SF-Produktion von Hendrik Hey ("Welt der Wunder"). Ein Pilotfilm (mit internationalen Schauspielern und "Trek"-Regisseur Winrich Kolbe) wurde nach langer Verzögerung und teurer Effekte-Nachbearbeitung endlich fertiggestellt - jedoch nicht gesendet. Für eine nachfolgende Serie wollen sich jedenfalls noch immer keine Geldgeber (also interessierte TV-Sender) finden ...

Überraschung: Ein positives Fazit

Ja, es ist eine Überraschung, aber der Sciencefiction geht es so gut wie lange nicht mehr. Mit "Enterprise", "Farscape" und "Andromeda" sind bereits drei sehr erfolgreiche SF-Projekte auf den TV-Schirmen und Nachschub rollt noch immer an. Auf ins Jahr 2002!

Redakteur: Patrick Streppel