2002 war ein gutes Scifi-Jahr. Hochkarätige Produktionen und heißerwartete Fortsetzungen fanden ihren Weg ins Kino. Blicken Sie mit uns zurück auf die Scifi-Filme des vergangenen Jahres...

Der erste Sciencefiction-Film des Jahres 2002 war die zweite Verfilmung des Klassikers "The Time Machine". Im Film geht es um den Erfinder Alexander Hartdegen (Guy Pearce), dessen Freundin erschossen wird und dieser zurück in die Zeit reisen will, um das Ereignis zu korrigieren. Doch das Schicksal lässt nicht mit sich spielen...

Mit Guy Pearce ("Memento") in der Hauptrolle und einer berühmten Buchvorlage im Rücken erwartete der Zuschauer großes Kino und wurde bitter enttäuscht. Nicht nur fehlte dem Drehbuch Witz und Tiefe, auch überzeugte die Produktion nicht. Herausgekommen war ein liebloses Remake, das in keinster Weise an seinen Vorgänger, geschweige an das Buch, heranreicht. Interessant ist, dass John Logan das Drehbuch geschrieben hat, der später sich für "Star Trek Nemesis" verantwortlich zeichen würde. Noch interessanter ist, dass das Drehbuch zu "The Time Machine" beinahe dieselben Mängel aufweist wie das des zehnten "Star Trek"-Kinofilms. Beiden Filmen fehlt der Tiefgang und beide Filme sind überraschungsfrei. Wirklich schade um das verschenkte Potenzial der Buchvorlage.

Das nächste Sciencefiction-Event ist dann vom Produktionstechnischen her aus einem ganz anderen Kaliber: "Star Wars: Episode II". Zehn Jahre nach "Episode I" hat sich Anakin Skywalker unter der Obhut seines Jedi-Mentors Obi-Wan zu einem erwachsenen Mann entwickelt. Als eine Seperatistenbewegung die Republik und ihre Königin Amidala bedroht, wird Skywalker zu ihrem Leibwächter ernannt. Während Obi-Wan sich in der Seperatistengeschichte schlau macht, kommen sich Skywalker und Amidala näher...

Storytechnisch gesehen ist "Star Wars: Episode II" zwar bei weitem komplexer als "The Time Machine", doch mit sovielen Klischees beladen, dass er an vielen Stellen unerträglich wird. Nichtsdestotrotz ist "Episode II" eine Steigerung gegenüber dem ersten Teil und setzt einmal mehr neue Maßstäbe in Sachen Effekt-Kino. Was aber bei "Episode II" stört, sind die steif wirkenden Schauspieler. Sei es Natalie Portman, die Amidala verkörpert, oder Hayden Christensen in der Rolle des Anakin Skywalker – beide schaffen es nicht, der Tragweite ihrer Rollen gerecht zu werden und dümpeln auf Soap-Niveau vor sich hin. Schade, denn durch die beiden erleidet der Film erheblichen Schaden, wären da nicht die hervorragenden Nebenbesetzungen wie Samuel L. Jackson, Ewan McGregor oder Christopher Lee.

Nicht direkt ein Sciencefiction-Film, aber dennoch eine Erwähnung wert, ist das Kino-Event des vergangenen Jahres: "Spider-Man". In diesem entdeckt ein schüchterner Teenager namens Peter Parker (Tobey Maguire), dass er supernatürliche Kräfte besitzt und lernt, mit diesen umzugehen...

Nicht nur avancierte "Spider-Man" zu der erfolgreichsten Comic-Verfilmung aller Zeiten, auch schaffte er es, die Erwartungen vollends zu erfüllen. Mit "Spider-Man" wird eine sehr gute Identifikationsfigur erschaffen und deren Entwicklungsprozess zu beobachten, ist eine fesselnde Studie für jeden Zuschauer. Der Film besticht durch sehr gute Schauspieler, unglaubliche Specialeffects und eine fantastische Regie. Die Story ist komplex und spannend erzählt und dem Film mangelt es trotz Action wahrlich nicht an guten Charaktermomenten. Hier bekommt der Kinogänger einen der wenigen Action-Filme serviert, bei denen banale Action eher eine hintergründige Rolle einnimmt und die gekonnt inszenierten Charaktermomente unterstützt, ohne aufgesetzt zu wirken. Auf den kommenden zweiten Teil darf man also sehr gespannt sein.

Ein weiteres mit Spannung erwartetes Scifi-Event des letzten Jahres war "Men in Black II". Nach fünf Jahren Alien-Jagd hat Jay (Will Smith) die meisten bösen Aliens im Griff, nur Serleena (Lara Flynn Boyle) macht ihm schwer zu schaffen. Also sucht er Hilfe beim Ex-Alien-Jäger Kay (Tommy Lee Jones). Zu dumm nur, dass dieser damals "geblitzt" wurde und dadurch sein Gedächtnis verloren hat. Jetzt gilt es einmal mehr schnell zu handeln, bevor die Erde zerstört wird...

Leider ist die Fortsetzung des allseits beliebten ersten Teils inhaltlich eine glatte Katastrophe. Die Story lässt keine Verschnaufpause, rennt von einer aufgesetzten Action-Szene zur anderen und geht kein bisschen in die Tiefe. War der erste Teil noch voller witziger Einfälle und spritziger Dialoge, ist der zweiten Teil nichts weiter als eine Möchtegern-Kopie. "Men in Black II" ist ein überraschungsarmes Popcorn-Kino in natura und kann bestenfalls mit den großartigen Specialeffects überzeugen – mehr ist aber leider nicht drin. Ein mehr als enttäuschender Film, der seinem Vorgänger nicht im Ansatz gerecht wird.

Ein besonderer Sciencefiction-Film 2002 ist der Überraschungshit "Signs" aus den Federn des "The Sixth Sense"- und "Unbreakable"-Machers M. Night Shyamalan. In diesem landen Aliens auf der Erde und starten eine Invasion. Das Ganze wird aus der Sicht des ehemaligen Priesters Graham Hess (Mel Gibson) erzählt, der seinen Glauben an Gott zu dem Zeitpunkt verlor, als seine Frau bei einem Autofall starb. Zusammen mit seinem Bruder Merrill (Joaquin Phoenix) und seinen beiden Kindern verteidigt er sich gegen die Invasoren und stellt so ganz nebenbei fest, dass alle Dinge vorbestimmt sind...

Wenn man einmal von der dämlichen Story absieht, erwartet den Zuschauer ein hochkarätig packendes Stück Kino. Wie damals "The Sixth Sense" baut der Film eine atemberaubende Spannung auf, die sogar des Öfteren in einer Zerreißprobe endet. "Signs" ist kein Sciencefiction-Film, es ist – wie für Shyamalan typisch – ein Film, bei dem die Charaktere im Vordergrund stehen, die von hervorragenden Schauspielern gespielt werden. Es ist aber auch ein Film, bei dem mit einfachsten Mitteln und Bildern versucht wird, Spannung zu erzeugen – ohne teuren Specialeffects. Und das Ergebnis stimmt, "Signs" jagt jedem Zuschauer Schauer über den Rücken.

Ein hochkarätiger Sciencefiction-Film mit Top-Regisseur (Steven Spielberg) und Top-Schauspieler (Tom Cruise) ist "Minority Report". Wir schreiben das Jahr 2054 und befinden uns in Washington D.C., wo es seit sechs Jahren keine Morde mehr gibt. Dafür verantwortlich ist das sogenannte Pre-Crime-Projekt, das potenzielle Mörder erkennt und diese verhaftet, bevor sie ihr Verbrechen begehen. Einer der führenden Pre-Crime-Polizisten ist John Anderton (Tom Cruise), der eines Tages allerdings selbst als potenzieller Mörder entlarvt wird und nun auf der Flucht ist, um seine Unschuld zu beweisen...

"Minority Report" ist vom Inhalt her ein unverwechselbarer Steven-Spielberg-Film. Gewohnt komplex und tiefgründig schafft es der Film auch noch mit tollen Bildern aufzuwarten. Tom Cruise läuft in dem Film zur Hochform auf und spielt fesselnd. Die Story ist hochgradig spannend erzählt und mit überraschungsreichen Wendungen gepickt und auch die Specialeffects können sich blicken lassen. Was dem Film aber fehlt, ist ein wenig Originalität und Seele. Trotz der erwähnten Wendungen wirkt der Film glatt und zu routiniert abgedreht. Insgesamt aber ist "Minority Report" erheblich besser als Spielbergs "A.I." und ist einer der besseren Sciencefiction-Filme 2002.

Der letzte große Sciencefiction-Film des Jahres 2002 (jedenfalls in den USA, wo der Starttermin der 13.12.2002 war) ist "Star Trek Nemesis". Der allseits bekannte Captain Picard (Patrick Stewart) des Raumschiffs "Enterprise-D" muss sich in einer großen Schlacht seinem bisher größten Gegner stellen: Shinzon (Tom Hardy), seinem Klon. Dieser droht nämlich mit der Zerstörung der Erde und der gesamten Föderation...

Welch eine Enttäuschung der zehnte "Star Trek"-Film ist, das lässt sich kaum in Worte fassen. Fakt ist, dass dieser Film aufs Äußerste bestätigt hat, in welcher (Idee-)Krise "Star Trek" steckt und wie schwer es sein wird, aus ihr herauszukommen. "Nemesis" ist mittlerweile an der weltweiten Kinokasse erbärmlich gefloppt und wird definitiv der letzte Film mit der "Das nächste Jahrhundert"-Crew sein. Noch nie zuvor sah der Zuschauer ein derart reduziertes "Star Trek". Die Story ist nicht nur dünn, sondern auch voller fehl am Platz wirkender, banaler Action-Sequenzen. Hinzu kommt eine steife Regie, die auch das letzte Funkeln des Filmes auslöscht. Neben "The Time Machine" ist "Star Trek Nemesis" der wohl schlechteste Sciencefiction-Film des Jahres. Die Zukunft von "Star Trek" ist noch ungewisser; "Nemesis" stellt ein Anfang vom Ende der einst so glorreichen Franchise dar.

Redakteur: Lin Xiang